Kindertheater: Das "Dschungelbuch" mit Mogli und Balu begeistert die jungen Zuschauer / Kinder aus Auerbach durften mitwirken

Die Schlossbühne wird zum Urwald

Auerbach. Bei "der" Vorlage konnte gar nichts schief gehen: Das Dschungelbuch mit all seinen liebenswerten, aber auch bösen Figuren ist einfach unschlagbar. Völlig zu Recht haben Jung und Alt Mogli, Balu und ihre Dschungelfreunde ins Herz geschlossen. Die Geschichte einer tiefen Freundschaft und Zuneigung, so wie sie schon Walt Disney in seinem weltberühmten Zeichentrickfilm gezeigt hat, ist einfach zu schön und anrührend. Die Lieder sind echte Ohrwürmer, beschwingt und fröhlich.

Kurzweilige Inszenierung

Wenn dann noch eine so köstliche, kurzweilige Inszenierung mit vielen wunderbaren Schauspielern, die ihr Handwerk verstehen und einer herrlichen Naturkulisse dazu kommt, wie es am Sonntag der Fall war, steht einem Erfolg und einem vergnüglichen Nachmittag nichts mehr im Weg. Traditionell zeigt die Theaterproduktion Hoffmann-Wacker auch im sechsten Jahr der Auerbacher Schlossfestspiele ein Kinderstück, das sich in keiner Weise hinter dem "Sommernachtstraum" von Shakespeare - nächste Vorstellung am Freitag (30.) - zu verstecken braucht.

Frei nach dem Roman von Kipling, mit viel Liebe zum Detail bearbeitet von Ingrid Hoffmann und Franz Wacker, verwandelte das Ensemble den Hof der Schlossruine im Handumdrehen in einen Schauplatz, in dem es von wilden Tieren und tierischen Charakteren nur so wimmelte.

Es war einfach herrlich zuzusehen, wie der gutmütige Tollpatsch Balu der Bär (Henry Dahlke) durch übermäßige Strenge versucht, seine Liebe zum Menschenkind Mogli (Daniela Nerger) zu überdecken. Und wie Baghira, der exzentrische Panther mit der weichen Seele (Michael Jäger), und Shir Khan, der kratzbürstige Tiger (Sascha Stegner), sich einen erbitterten Kampf um die Gunst und das Wohlergehen Moglis liefern. Anfangs ließ sich noch manch ein Knirps auf den Besucherplätzen von dem gefährlich laut fauchenden Shir Khan ins Bockhorn jagen und kletterte schnell auf Mamas oder Papas rettenden Schoß.

Später dann war den Kids klar: Es ist alles nur ein Spiel, und die hinterlistigen und gemeinen Raubtiere haben nicht den geringsten Hauch einer Chance gegen die guten und ehrlichen, vierbeinigen Urwaldbewohner. Mogli hat so viele Beschützer, da konnte einfach nichts schief gehen.

Glück hatten sowohl Schauspieler als auch ein begeistertes Publikum bei der Premiere mit den äußeren Umständen: Den Darstellern in ihren wollig-kuscheligen Fellkostümen und eben solchen Masken kamen die angenehmen, recht kühlen Temperaturen nicht ungelegen. Und die Zuschauer freuten sich darüber, dass sich die Schlechtwetterwolken schnell verzogen und es trocken blieb.

Wiedersehen mit alten Bekannten

Für viele Eltern und ältere Kinder war das Dschungelbuch ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Mit der ebenso gerissenen wie gefräßigen, gleichwohl verführerischen Schlange Kaa (Thordis Howe) oder dem tapsigen, laut posaunenden Dschungelpolizisten, Hati dem Elefanten (Werner Rech), dessen Rüssel und Ohren geradezu überdimensionale Ausmaße haben.

Nicht zu vergessen King Lui, der Affenkönig, Raschka, die Wolfsmutter und Akela, der graue Wolf. Tschill, der Geier (Jenny Hammelmann) hatte seinen kreischenden Auftritt hoch oben von der Schlossmauer.

Allen Darstellern war die Freude am Spiel anzumerken, und alle gemeinsam zeigten eine perfekte Körpersprache und präzise Mimik. Ein paar Lianen hier, ein Baum, an dem sich Balu heftigst den Pelz reiben konnte dort, mehr Kulissen brauchte es nicht, um den Dschungel in der Fantasie der Zuschauer real werden zu lassen. Die Nischen und Mauervorsprünge der Schlossruine eigneten sich ganz hervorragend für die geheimen Verstecke der Urwaldbewohner.

Richtig war auch, dass Ingrid Hoffmann und Franz Wacker die Geschichte um das Schicksal des Findelkindes Mogli auf knapp eine Stunde Dauer gerafft haben. Solange schafften es selbst die Kleinsten, dem spannenden Geschehen auf der Naturbühne zu folgen. Natürlich durften die tollen Songs wie "Probiers mal mit Gemütlichkeit", "Wer hat die Kokosnuss geklaut?" und "Ich bin der König im Affenstall" nicht fehlen. Sie waren das Salz in der würzigen Suppe.

Dass einige Kinder aus Auerbach mit von der Partie waren und als Wolfs- und Affenkinder mehrere Auftritte hatten, erfüllte deren Eltern mit Stolz und ließ die Kameras klicken. Dass Mogli, beschützt von Balu und Baghira, alle Abenteuer unbeschadet übersteht, lernt Verantwortung zu übernehmen und am Ende der Reise zu den Menschen zurückkehrt, wird auf dem Schloss spannend und humorvoll erzählt. gs

Bergsträßer Anzeiger
27. Juli 2010